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Bei der Gesetzesrevision BehG im Kanton St. Gallen geht es jetzt ums Geld

Im Oktober 2023 ging es bei den Arbeiten zur Gesetzesrevision primär um das Thema Geld. Zum einen traf die Antwort der Regierung zur Anfrage Schöbi ein, zum andern fand die vierte Sitzung der Begleitgruppe statt, an der es um Finanzierungsfragen im Bereich ambulantes Wohnen ging.

Kantonsrat Michael Schöbi (Mitte)  hatte am 13. August 2023 unter dem Titel „Ist die Revision des Behindertengesetzes auf Kurs?“ eine Einfache Anfrage beim Kanton eingereicht. In ihrer Antwort vom 10. Oktober 2023 bekräftigt die Regierung den Sparauftrag von 10 Mio. Franken im Behindertenbereich und bezieht sich dabei auf die Maßnahme A7 im «Haushaltsgleichgewicht 2022 plus». 

Dass die Umsetzung der UN-BRK erst an zweiter Stelle kommt, widerspiegelt sich auch im Entwurf Botschaftsbericht Finanzierung, der an der letzten Sitzung der kantonalen Begleitgruppe zur Gesetzesrevision Ende Oktober besprochen wurde. Die wesentlichen Inputs des Netzwerks Dienstleistungsanbieter zuhanden der Projektgruppe lauteten:

  • Ungünstiges Verhältnis zwischen Finanzen (10 Mio. sparen) und UN-BRK in den Aussagen des Kantons: Das Narrativ muss im Sinne der Personenzentrierung vom einzelnen Menschen ausgehen und von der UN-BRK.
  • Es braucht eine differenzierte Darstellung der Wohndienstleistungen im heute nach stationärer Logik finanzierten Leistungsbereich: Das heisst, alle ‘intermediären’ Angebote quantifizieren und darstellen (breite Angebotspalette mit hoher Durchlässigkeit in Form z.B. von WG’s, Integrationswohnen, kollektives Einzelwohnen, etc. in Abgrenzung zu ‘klassischen’ Heimsettings’.
  • ‘Aufenthalte in Einrichtungen’ sind nicht einfach per se ‘um ein Vielfaches teurer’ als andere Wohnformen. Die Kosten sind abhängig von der IBB-Stufe. Nur die Unterstützung von Personen mit hohem IBB ist kostenintensiv. Es ist auch dieser Personenkreis, der eher nicht für sog. ambulante Unterstützungsformen in Frage kommt.
  • Zulassung von Leistungserbringenden: Für den Kanton kommen alle heutigen Leistungserbringenden, welche die Zulassungsbedingungen erfüllen, grundsätzlich auch in Zukunft in Frage. Bei Privatpersonen, welche Leistungen erbringen, muss zwischen Einzelpersonen im Allgemeinen und Angehörigen unterschieden werden. Angehörige dürfen nicht durch unnötige Auflagen von der Leistungserbringung ausgeschlossen werden.
  • Es muss mehr in die Befähigung von Personen mit Behinderungen investiert werden, nicht einfach nur Wohnunterstützung.
  • Bei der Berechnung von Tarifen für sog. ambulante Settings müssen neben den Wegkosten auch all die anderen notwendigen Vorhalteleistungen berücksichtigt werden, sowie eine Marge und eine Risikoprämie (wie auch sonst in der Privatwirtschaft üblich).

Es zeichnet sich ab, dass sich der sogenannt ambulante Bereich nicht einfach losgelöst vom sogenannt stationären Bereich neu regeln lässt. Es ist deshalb offenbar angedacht, parallel einen zweiten Nachtrag zum Gesetz anzugehen. Die Begleitgruppe hat nachdrücklich moniert, bereits in der Auftragsphase - sprich bei der Auftragsformulierung - einbezogen zu werden im Sinne von “Nichts über uns ohne uns.” 

Die Projektgruppe des Kantons hat die Inputs der beiden Netzwerkgruppen Leistungsanbietende und Leistungsnutzende entgegengenommen. Die beiden Dokumente der Leistungsanbietenden “Kernbestimmungen” und “Neues Wording”, die auch auf der Website von INSOS SG-AI verfügbar sind, wurden dem Kanton vor der Sitzung zugestellt. 

Die nächste und wahrscheinlich letzte Sitzung der Begleitgruppe findet im März 2024 statt. Bis Mitte 2024 soll die Vorlage durch die Projektorganisation erarbeitet werden, in der zweiten Jahreshälfte 2024 wird das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.